Im Zuge der der deutschen Revolution des Jahres 1848 konstituierte sich im Sommer jenes Jahres in Lübeck ein Komitee von 15 Privatleuten, das in den Lübeckischen Anzeigen vom 03. Juli die Abhaltung eines Allgemeinen Scheibenschießens auf dem Bürgerschützenhof vor dem Holstentor vom 23. bis 25. Juli ankündigte. An den Schießwettbewerben teilnehmen konnte jeder , der die Gebühr von 1 Mark lübsch und 8 Schilling entrichtete. Dieses Konzept war für Lübecker Verhältnisse radikal demokratische Neuerung, denn bis dahin war das städtische Schützenwesen traditionell streng ständisch organisiert: Der Bürgerschützenhof stand bis dahin nur den Schützengilden der Zünfte und Standeskooperationen offen, die hier ihre separaten Schützenfeste abhielten. Die Veranstaltung hatte somit deutlichen Symbolcharakter. Noch im Jahr 1843 war ein geplantes Volksfest zur 700-jährigen Wiederkehr der Stadtgründung durch den Senat aus Gründen der Verfassungsdiskussion mittels Senatsdekret unterbunden worden. Das Allgemeine Scheibenschießen fand statt wie geplant; die Veranstaltung erhielt einen festlichen Rahmen durch einen feierlichen Zug,
der 1348 Teilnehmer vom Markt zum Schützenhof am Eröffnungstag ziehen lies. Auf dem Gelände des Bürgerschützenhofes waren zahlreiche Verkaufsbuden errichtet, so dass die Veranstaltung den Charakter eines Volksfestes erhielt. Die Verbindung zu den revolutionären Geschehnissen wurde durch die Beflaggung der Stadt in Schwarz-Rot-Gold und patriotische Lieder offen demonstriert.
Das Allgemeine Scheibenschießen war von den Veranstaltern als einmaliges Ereignis geplant. Eine Wiederholung war ursprünglich nicht vorgesehen. Das Schützenfest hatte jedoch großen
Anklang gefunden, und die Angehörigen des Komitees erhielten zahlreiche Bitten nach einer Wiederholung im folgenden Jahr. Trotz des Scheiterns der Revolution und der Bemühungen um eine Einigung Deutschlands fand das Scheibenschießen auch 1849 statt, der übergreifenden politischen Symbolik entkleidet, aber weiterhin als demokratische Veranstaltung, an der teilzunehmen jedem offen stand. In den nächsten Jahren wurde das Allgemeine Scheibenschießen zu einer festen jährlichen Veranstaltung, die sich immer mehr zum Volksfest wandelte und bei der die Schießwettbewerbe zunehmen in den Hintergrund rückten. Das Lübecker Volksfest entwickelte sich zum größten populärsten Fest in Lübeck und der Region. Ab 1853 verkehrten sogar Sonderzüge, nach dem Lübeck einen Eisenbahnanschluss erhielt.